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               Intim 
                Kuno Päffkes 
              "Langweilig", murmelte Zülle
                in  sein Glas Elsässer Riesling. Er stand hinterm
                Eichentresen  seiner "Drachen-Klause", ich davor,
                zwischen uns die  dritte Flasche Wein. Das Gegröle
                einer bierseligen Busladung  Holländer im hinteren
                Festsaal hatte mich melancholisch gemacht. 
                "S-A-T-U-R-D-A-Y night", texteten sie johlend
                zur Karaoke-Anlage, 
                "Eijeijeijei just can't wait. Eijeijeijei gotta date
                ...".
                 Bay City Rollers mit hundert Dezibel. Ich bekam trübe
                 Augen.  Der Song, die Band erinnerten mich an die zehnte
                 Klasse, an Partykeller  und Chio Chips, an die Siebziger
                 und an Corinna. 
                Corinna liebte die Bay City Rollers, besonders Sänger Les 
                McKeown, obwohl er nicht singen konnte und übel aussah. Ein 
                bißchen liebte sie auch mich, damals... - Wein und Musik 
                hatten meine Zunge gelöst, nach über 25 Jahren konnte 
                ich über die Nacht sprechen, als Corinna in BCR-Bettwäsche 
                gewickelt, unter einem BCR-Poster auf ihrem Bett lag. Ich lag 
                davor. Meine weiß-besockten Füße hatten sich 
                in der orangen Frottee-Unterhose verwickelt.... "Langweilig", 
                blockte Zülle ab und schaltete den Fernseher über der 
                Theke an.  
                Caroline Sullivan wurde nicht zurückgepfiffen. In dem Roman 
                Bye Bye Baby erzählt sie ihre gesamte Geschichte als 
                Groupie der Bay City Rollers. Die Teenybopper-Zeit wird mit ironischer 
                Offenheit ausgebreitet, doch Sullivan drückt sich vor dem 
                zentralen Eingeständnis: Nicht jede pubertäre Nähkästchen-Obsession 
                läßt sich zu einer 300-Seiten-Handlung aufblasen. Nicht 
                jeder kleine Fan hat eine große Geschichte. "Langweilig", 
                würde Zülle sagen und Fernsehen gucken. 
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