Zwischen Gewehr und Rose
Rolf Birkholz
Ein klagendes, zweifelndes, oft verzweifelndes, dann wieder, manchmal ironisch bis zynisch, sich überlegen gebendes Ich tritt in den Versen von Galal Alahmadi entgegen. Nach arabischen Sammlungen ist mit Die Leere der Vase jetzt ein erster zweisprachiger Gedichtband des preisgekrönten, in Berlin lebenden jemenitischen Dichters erschienen. "Ich möchte Sehnsucht haben nach mir selbst" beginnt das Gedicht "Ich möchte ...", in dem dann "dankbar meine Wunden" geleckt werden und das mit einem unbestimmten "Ich will die" endet. Der 1978 in Saudi-Arabien geborene jemenitische Autor gibt Zerrissenen eine Stimme, denen es "scheint, ich bin in die eine Richtung gegangen / und mein Leben in die andere." Er will denen Gehör verschaffen, die sagen: "Zwischen Gewehr und Rose / wähle ich die Träne". Da ist das Herz "eine rostige Sardinenbüchse", da wähnt sich jemand "so glücklich / wie eine Statue." Ein Titel wie "Hälfte des Lebens" lädt zu einem Vergleich mit dem gleichnamigen Gedicht Friedrich Hölderlins ein. Und es verwundert nicht, dessen Melancholie ("Weh mir, wo nehm' ich, wenn / Es Winter ist, die Blumen") noch überboten zu finden: "Tief ankere ich in salziger Schwermut / geröllgleich meine Verluste verstreut am Grund." Dann wieder heißt es: "Alles, was ich über die Liebe weiß / – zumal über die Liebe – / ist, dass ich einen Fisch hatte / den ich fütterte / und mit dem ich sprach. / Alles andere / ist nicht so wichtig." Galal Alahmadis Gedichte, von Leila Cammaa und Günther Orth aus dem Arabischen übersetzt, finden für negative Erfahrungen als Minderheitsangehöriger in Saudi-Arabien, im Jemen, auf der Flucht und in Deutschland verstörende, oft rätselhaft bleibende Bilder eines bedrängten, aber in seiner Fantasie befreiten Ich. Literatur sei für Alahmadi "ein Spiel mit Geheimnissen", schreibt Tanja Dückers in der Einführung. Eine Rose braucht auch die Leere der Vase. |