Der Mörder ist schlau. Aber Kriminaloberkommissar Andreas Auer ist schlauer. Und anders als sein Gegner weiß er sich treue und kompetente Gefährten zur Seite, nicht zuletzt seinen Lebenspartner Mikael, dessen theologische Bildung zur Lösung des Falls beiträgt. Denn der Täter hat es mit Bibelzitaten.
Der Schweizer Autor Marc Voltenauer, dem wir diese alpine Serienmördersaga zu verdanken haben, meint es gut mit seinem Helden. Auer sieht nicht nur blendend aus, sondern versteht sich auch auf die feine Lebensart. Kubanische Zigarren, edle Rotweine, exklusiver Single Malt: Der Mann hat Geschmack. Und er ist, anders als seine miesepetrigen skandinavischen Kollegen, sehr zufrieden mit seiner irdischen Existenz. Das findet man selten im Kriminalroman, und es entschädigt ein wenig für den vorhersehbaren Plot.
Große Sympathie bringt auch der amerikanische Schriftsteller Taylor Brown für den Helden seines Romans Maybelline auf. Aber er schont ihn nicht und macht ihn auf diese Weise zur romantischen Figur. Obwohl er im Koreakrieg ein Bein verloren hat, ist Rory Docherty ein ebenso geschickter wie tollkühner Autofahrer. In seinem Ford Coupé, angetrieben vom kräftigen Motor eines Krankenwagens, liefert er schwarzgebrannten Whiskey aus und fährt Rennen gegen Konkurrenten. Im North Carolina der frühen fünfziger Jahre ist "Bootlegging" auch nach dem Ende der Prohibition ein gutes Geschäft, spart man sich doch die erheblichen Abgaben auf Alkohol. Deshalb sind die staatlichen Steuerfahnder auch die gefährlichsten Gegner der illegalen Schnapsbrenner, während die örtlichen Ordnungshüter gerne ein Auge zudrücken, wenn man sie mitverdienen lässt. Rory Docherty lebt bei seiner Großmutter, die aus Wurzeln und Kräutern Tinkturen gegen alle möglichen Zipperlein, vom Husten bis zur Impotenz, zusammenbraut. Granny May ist die zweite Heldenfigur dieses Romans, eine taffe Frau Anfang fünfzig, die auf die harte Tour gelernt hat, sich in einer männlich dominierten Welt zu behaupten. Rory ist bei ihr aufgewachsen, denn seine Mutter lebt, seit sie Zeugin des Mordes an seinem Vater wurde, in einer psychiatrischen Einrichtung. Diese mehr als zwei Jahrzehnte zurückliegende Bluttat überschattet die gesamte Handlung des Romans und ist der Auslöser seines gewaltsamen Endes. Bis dahin erzählt Brown in einer ebenso lyrischen wie lakonischen Sprache, die auch in der sehr gelungenen deutschen Übersetzung von Susanna Mende ihre Wirkung nicht verfehlt, vom Überleben in einer Gegend, wo es sich, wie Rory schmerzhaft erfahren muss, nicht immer auszahlt, ein anständiger Kerl zu sein. Dass ihm dennoch ein für das Genre eher unübliches Happy End vergönnt ist, freut umso mehr.
Schlechter ergeht es den Figuren in den Kurzgeschichten von Tom Franklin. Nach dem Erfolg seines meisterlichen Kriminalromans Krumme Type, krumme Type, dessen Originalversion sogar auf der Lektüreliste gymnasialer Englischkurse zu finden ist, hat der gute Verlag Pulp Master nun auch das 1999 erschienene literarische Debüt des Autors aus Alabama übersetzen lassen. Hier tummeln sich Verlierertypen, wie man sie aus den kanonischen Short Storys Raymond Carvers kennt: leichtfertig, triebgesteuert, realitätsblind. Und dafür müssen sie büßen. So wie Glen, Buchhalter in einem Kieswerk, den seine Spielschulden zum Spielball krimineller Machenschaften machen. Oder die drei Gates-Brüder aus der preisgekrönten Titelgeschichte des Bandes, denen das Töten zu leicht von der Hand geht. Franklins verknappter Stil ist fest in der Tradition amerikanischer Kurzepik verankert. Da sitzt jedes Wort. Und man darf staunen, dass die alten Erzähltricks ihre Wirkung noch immer nicht verfehlen. |