Wäre der eigene Ton, ein obsessiv wiederkehrender
Erzählgestus von hohem Wiedererkennungswert das einzige Charakteristikum,
an dem der Rang eines Autors zu bemessen ist, Hans Erich Nossack
stünde unzweifelhaft in einer der ersten Reihen unserer literarischen
Prominenz. Seit der Niederschrift seines Berichts Der Untergang
unmittelbar nach der Bombardierung Hamburgs im Sommer 1943, der
die meisten seiner schriftstellerischen Versuche wie auch seine
persönlichen Aufzeichnungen zum Opfer fielen, haben sich
Nossacks literarische Sprach- und Redefiguren kaum mehr verändert.
Es sind und bleiben Zeugenaussagen vom Überleben, Berichte
vom Überstehen; keine Monologe, wie oft gesagt worden ist,
sondern fingierte Dialoge im Angesicht eines unsichtbaren Gegenübers,
von dessen Existenz der Autor und seine Erzählerfiguren niemals
völlig überzeugt sind. Es sprechen Tote rückblickend
vom Leben, Zurückgebliebene von einer Welt der Zerstörung,
Rückkehrer aus dem Totenreich, Fremde in einer Welt voller
sichtbarer und unsichtbarer Feinde, es sprechen Figuren, die sich
selbst und andere auf die Wahrheit verpflichtet haben, aber nicht
sicher sind, wer ihnen noch zuhört.
Diese mörderische Strenge, der Erkenntnis- und Zeugniswille,
der fehlende Sinn für das Verspielte, das nur Literarische,
das Gemachte zeichnet die meisten von Nossacks literarischen Werken
aus. Alles wird durch das engste Sieb, das der Wahrhaftigkeit,
gepreßt. Dabei sondert sich die Wirklichkeit von allen ihren
temporären Anhaftungen. Was bleibt, das ist dann Bedeutung
pur, nicht jene vom Autor für den Leser sorgsam verpackte
und eins zu eins übertragbare Bedeutung von Allegorien und
Symbolen - "ich selber denke weder symbolisch noch allegorisch",
schreibt er am 17. Dezember 1947 -, auch nicht die nur äußerliche
Tatsächlichkeit der Reportage, sondern chiffrenhaft verknappte,
reine und ursprünglichste Erfahrung. Dies ist nicht jedermanns
Sache. Aber es hat Nossack zum wohl einzigen 'existentialistischen'
Literaten deutscher Zunge gemacht. Kein Wunder also, daß
Sartre ihn nach dem Krieg für Frankreich requirierte und
den Untergang 1949 mit großer Resonanz in den Temps
Modernes publizierte.
Nossack besaß einen ausgesprochen emphatischen Begriff von
Dichtung. Auch seine Briefe, die jetzt nach den 1997 veröffentlichten
Tagebüchern in einer großzügigen Auswahl vorliegen,
formulieren diesen Anspruch immer und immer wieder. Sie sind offensichtlich
- zumindest auf den ersten Blick - das Reflexionsmedium des Autors
mit realem Gegenüber, poetologische Langzeitstudien am lebenden
Objekt. So fragt er seinen langjährigen Briefpartner, den
Schriftsteller Hans H. König, am 20. Juli 1946: "Wo
ist der bittere und bis zum Nihilismus führende Ernst, den
Dingen durch Erkenntnis auf den Grund zu kommen und sie dadurch
zu beherrschen." Er fragt das ohne Fragezeichen, weil er
die Prosa seines Freundes als zu verspielt empfindet. Auch Hermann
Kasacks Roman Die Stadt hinter dem Strom, an dessen Entstehungsprozeß
ihn der Autor seit 1943 teilhaben läßt, findet keine
Gnade vor seinen Augen, er erscheint ihm als "nur konstruiert",
als "nicht geschaffen, sondern nur gedacht", als "unechte
Mystifizierung", und er verabscheut das "romanhafte
Gewand" (2. Juni 1946). Er lehnt den "ästhetischen
Pomp" ab, der "auf unsern abgemagerten Leibern Falten
wirft" (6. Juli 1947), mag es lieber karg und nüchtern,
auch wenn er sein wahres Urteil Kasack gegenüber verschweigt.
"Im Frack vor Trümmern tanzen", so nennt er (am
14. Januar 1947) spöttisch den Versuch Alexander Lernet-Holenias,
in den über dreihundert Blankversen seines Gedichts Germanien,
das 1946 - anders als Nossacks eigene Verse - bei Suhrkamp publiziert
wird, mit alten, klassischen Formen auf die Gegebenheiten der
Zeit zu reagieren. Dagegen versucht er in einem beständigen
Selbstgespräch mit Gegenüber eine zeitgemäße
Poetik zu reflektieren und zu vermitteln, die den historischen
Bedingungen gerecht wird: "Schriebe z. B. heute einer wie
Rilke, so müßte ich sagen: Das ist zu luxuriös
für uns. [...] man muß doch jederzeit so sprechen wie
man ist, und man darf sich nicht verführen lassen, sich zu
verkleiden", heißt es am 10. Mai 1947 in einem Brief
an Hans Paeschke, den Herausgeber des Merkur. Und Nossack
plädiert für eine Form - etwa die "alle Möglichkeiten
offen lassende Skizze" -, die das Zerbrechen der bürgerlichen
und wirtschaftlichen Ordnungen, der verschobenen "Grenzen
von Raum und Zeit" angemessener spiegelt als die überkommenen
Genres der literarischen Tradition.
Das alles verdient Aufmerksamkeit - vor allem vor dem Hintergrund
der poetologischen Orientierungsphase der Nachkriegsliteratur
-, es hat durchaus Niveau, indes, bis auf ganz wenige Ausnahmen,
nicht immer Esprit. Einzelne seiner Schilderungen des Kriegs-
und Nachkriegsalltags sind jedoch von einer nüchternen Sachlichkeit,
die besticht. Etwa wenn er am 13. Dezember 1943 im ausgebombten
Kontor seiner Firma sitzt - er leitet parallel zu seinen schriftstellerischen
Arbeiten bis 1956 die Ex- und Import-Firma seines Vaters, dann
erst gibt er sie auf - und den letzten Bombenangriff beschreibt,
wenn er mit halb erfrorenen Händen Geschäftsbriefe tippt,
dazwischen einen brieflichen Bericht für Hermann Kasack verfaßt,
der im bis dahin noch verschonten Potsdam in seiner Villa angespannt
auf Neuigkeiten aus Berlin und Hamburg wartet, oder wenn er den
banalen, aber immer noch lebensbedrohlichen Nachkriegsalltag mit
Hautgeschwüren, fiebrigen Infektionskrankheiten, Hunger,
fehlendem Wohnraum und fehlendem Heizmaterial in diversen Schreiben
an seine wichtigsten Briefpartner jener Jahre, Hermann Kasack,
Hans H. König und Peter Suhrkamp, zu schildern versucht.
Er läßt nichts aus, von penetrant störenden Nachbarn,
die Tür an Tür in derselben Wohnung hausen, von wässrigem
Tee zum Wärmen bis zum nächtlichen Licht einer 15-Watt-Kerze
und dem regelmäßigen Aufheulen der Sirenen. Man erfährt
dabei nicht immer etwas, das man nicht bereits anderswo gelesen
oder gesehen hätte. Aber es gibt Ausnahmen. Wenn Hermann
Kasack, der nach Peter Suhrkamps Verhaftung durch die Gestapo
im April 1944 den ehemaligen S. Fischer Verlag geleitet hat, seinem
Hamburger Kollegen sehr detailliert von den Schwierigkeiten im
Verlagshaus berichtet oder ausführlich die nächtliche
Rückkehr des Verlegers schildert, der in den ersten Tagen
nach seiner Entlassung im Februar 1945 im Hause Kasacks Unterschlupf
findet, dann sind das Einzelheiten, die zu wissen sich lohnt.
Auch wenn man liest, wie intensiv sich Nossack unmittelbar nach
dem Krieg, ohne bislang ein Buch publiziert zu haben, um die behördliche
Anerkennung als Schriftsteller bemüht, weil diese Berufsgruppe
mehr Wohnraum und Lebensmittelmarken zugestanden bekommt als ein
Kaufmann, ist das bemerkenswert. Einzig dem körperlichen
Schwerstarbeiter stand mehr zu als dem Kulturarbeiter. Von einer
solchen Hierarchie können wir heute nur träumen.
Aber dies ist nur die eine Seite. Die andere, eher persönliche,
menschliche Seite von Hans Erich Nossack als Briefeschreiber ist
weniger ersprießlich. Es schreibt mit dem Schriftsteller
auch ein Kaufmann diese Briefe, ein Geschäftsmann, der sich
noch 1946 bemüht, bei Suhrkamp zu landen, der dann den Verlag
wechselt - er geht zu Krüger - und der schließlich,
nach ersten Anfangserfolgen dort, die er der Umtriebigkeit des
Verlegers Wolfgang Krüger zu verdanken hat, wiederum bei
Suhrkamp anklopft und diesmal hineingelassen wird. Das finanzielle
Risiko hat sich offensichtlich inzwischen minimiert. Der Mann
schreibt jetzt Romane, die sich verkaufen lassen. Daß er
einige Jahre zuvor bei Suhrkamp nicht immer höflich und recht
kühl hingehalten wurde, daran scheint er sich als Geschäftsmann
nicht mehr zu erinnern. So wie auch er selbst langjährige
Briefpartner nach seinem steigenden Erfolg stiefmütterlich
behandelt, weil sie ihm augenscheinlich jetzt nicht mehr nützlich
sein können. Die Briefwechsel mit Kasack und König,
die während des Krieges und in der unmittelbaren Nachkriegszeit
seine nahezu einzigen intellektuellen Gesprächspartner waren
- ihre Briefe nehmen mehr als die Hälfte des jetzt publizierten
Briefbandes ein -, brechen fast abrupt ab, als Nossacks literarische
Bekanntheit steigt. Er wird 1949 in die Mainzer Akademie der Wissenschaften
und der Literatur gewählt und gehört 1950 zu den Gründungsmitgliedern
der Hamburger Akademie der Künste, eine Arbeit, die er sehr
ernst nimmt. So ernst, daß die Angriffe gegen den einstigen
Freund Kasack, der neben der Mainzer auch der Darmstädter
Akademie für Sprache und Dichtung angehört - ab 1953
als Präsident - und der in literaturpolitischen Fragen damals
eine nicht unbedeutende Rolle spielte, zunehmend giftig werden.
"Kasack ist von einer mir fremden und zuweilen lächerlichen
Aktivität. Ich vermute, daß der Grund dazu seine auffallende
Substanzlosigkeit ist. Man könnte ihn ohne Schwierigkeiten
wegpusten. Daher muß er überall seine Finger dazwischen
haben und sich vordrängen", heißt es am 21. Dezember
1949 in einem Brief an Ernst Kreuder. Allerdings unter dem Siegel
der Verschwiegenheit. Während Kasacks Zeit als Lektor des
Suhrkamp Verlages hatte Nossack ihn wiederholt "in herzlicher
Treue" als "lieben Freund" bezeichnet und seine
Nähe gesucht.
Gesteigert wird der ungute Eindruck von Nossacks Loyalität
und Freundestreue noch durch die ungeheure Selbstbezogenheit seiner
Briefe. Bohrende Selbstbefragungen werden dem jeweiligen Briefpartner
zugemutet, umfängliche Reflexionen über die eigenen
Arbeiten, die schwierigen persönlichen Umstände. Geradezu
monomanisch stürzt sich Nossack auf das Bilanzieren, das
Auflisten, Zusammenfassen und Abwägen. Immer das eigene Vorankommen,
den eigenen Vorteil im Auge. So schreibt er am 12. und 13. Dezember
1943 an Hermann Kasack einen quälenden, verzweifelten fünfzehnseitigen
Brief, in dem er alle seine bislang vorliegenden Arbeiten nach
Kröpfchen und Töpfchen sortiert, sein zukünftiges
Werk projektiert und den Älteren um Rat und Hilfe bittet.
Wenn dieser aber einmal selbst von Depressionen heimgesucht wird,
begnügt sich Nossack mit Phrasen. "Aber wir stehen jetzt
alle so in vorderster Front im Kampf mit unserm Schicksal, daß
wir keine Muße haben, dem Kameraden an der Seite Trost zuzusprechen",
schreibt er etwa am 19. März 1946, nachdem ihm Kasack von
einer tiefen Krise, von Todesangst berichtet hat.
Der Briefpartner wird so immer wieder zur 'Hilfsfigur' degradiert,
um eigene Inventur zu machen. Ausgedehnte Selbstbefragungen im
Spiegel eines entfernten Zuhörers, der kaum mehr Realität
besitzt als in den literarischen Texten, werden vorgenommen, etwa
am 23. November 1945: "Ich bin mir bewußt, [...] daß
ich den Menschen, die mich richtig berühren, ungeheuer viel
geben kann, ja, und daß ich dann auch alles sorglos verschleudere,
ohne an Gegenrechnung zu denken. Ich rede vom Geistigen. Trotzdem
ziehen sie sich nach dem zweiten Male ganz leise zurück,
immer wieder. Bin ich ihnen zu unbedingt, also im Grunde ungesellig?"
Oder kurz zuvor: "Ist es so, daß ich die Leute zunächst
begeistere, ihnen dann aber lästig falle?" Einen möglichen
Grund für diese Erfahrung hat er selbst zwei Jahre früher,
in einem Brief vom 13. Dezember 1943, formuliert: "Ich pflege
seit meiner Kindheit so wenig wie möglich über mich
selbst und das, was mich angeht, mit andern zu sprechen. [...]
Trotzdem muß ich stillschweigend und über ganz andre
gleichgültige Dinge redend so anspruchsvoll und als eine
so maßlose Forderung wirken, daß ich sofort unbequem
werde." Eine andere Antwort aber zieht er nicht in Betracht:
nämlich die, daß er selten - völlig entgegen seiner
Maxime von der Wahrhaftigkeit - im persönlichen Umgang ganz
aufrichtig ist.
Was Nossack in seinen Briefwechseln mit den diversen Briefpartnern
inszeniert, das sind - zumindest wenn man vom vorliegenden Material
ausgeht - nicht wirklich Dialoge, sondern strategische Verbindungen.
Auch bei Autoren, die er als seine wirklichen Freunde bezeichnet
und duzt, wie etwa Hans Henny Jahnn oder Ernst Kreuder, wirkt
seine Intimität unbeholfen oder unverhältnismäßig.
Man weiß nie sicher: ist es die Unbeholfenheit des Monomanen
oder nur die des Schüchternen? So schreibt er etwa am 13.
Juni 1946 an König über den einst verehrten Verleger
Peter Suhrkamp, den er bis dahin nur ganz wenige Male gesehen
hat und von dessen Zurückhaltung er nach kurzer Euphorie
("Ich habe ihn geliebt [...], wie man nur Männer lieben
kann") enttäuscht ist: "In Suhrkamp ist eine maßlose
Eifersucht vorherrschend, ja, etwas Weibisches, so muß man
wohl dies Spielen und Intrigieren mit Menschen verstehen."
Auch sein Hamburger Freund Hans Henny Jahnn bekommt sein Fett
weg. Nachdem Nossack immer wieder seine grenzenlose Verehrung
von dessen Werk und seine tiefe Freundesliebe zum Ausdruck gebracht
hat, erregt er sich über Jahnns geradezu herrschaftliche
Verschwendungssucht und Schnorrerei großen Stils, die den
berechnenden Nossack wurmt, zumal er sich selbst in bürgerlicher
Vernünftigkeit die meisten Freuden versagt. Die 'Herzensergießungen'
des Schüchternen, Kontaktscheuen - "mein lieber süßer
Ernst" ist zeitweilig seine Anrede Kreuders - nehmen dabei
nicht selten den Charakter des Aggressiv-Fordernden an oder werden
Dritten gegenüber verletzend. Nossack hatte kein Talent zur
Freundschaft.
Hinzu kommt - als Salz in der Suppe - das leider eher seltene
Lästern über literarische Kollegen: die Gedichte Günter
Eichs etwa werden als "wachsweiche Schmiere" (Kreuder
an Nossack am 24. Dezember 1949) bezeichnet und Claudels Dramen
als "synthetisches Himbeerwasser" (Nossack an Heinz
Risse am 20. März 1953), Manfred Hausmann und Konsorten werden
als Schwafler verachtet, zugleich aber auch die "Gruppe 4711"
verspottet. Wenn auch im wesentlichen auf einen sehr eingeschränkten,
puristischen, fast pietistischen Literaturbegriff beschränkt,
beweist Nossack doch immer wieder einen durchaus präzisen
Blick für die Qualität eines Werks, so etwa wenn er
ausdrücklich auf die Bedeutung Paul Celans hinweist, als
der noch völlig zurückgezogen in Paris lebt und ihn
kaum jemand kennt.
Über ein solch präzises Gespür für (literarische)
Qualität hinaus - wohl auch eine Mitgift des Hamburger Kaufmanns
- bleibt in den Briefen zumeist aber von Nossacks rigorosem Anspruch
der Wahrhaftigkeit nur das Dokumentarische übrig. Das emphatische
Zeugnis ablegen wandelt sich zur Zeugenaussage oder Anklage. Das
ist nicht wenig, aber zuwenig, wenn es in stets wiederholten Selbstanfeuerungen
zur normativen Poetik oder Lebenshaltung erklärt, dabei mehr
formuliert und vorgetragen als tatsächlich umgesetzt wird.
Beständige Vervielfältigung macht eine Erkenntnis nicht
bedeutender, geschweige denn wahrer, auch wenn man in unserem
vom Auswurf der Mediengötter geprägten Zeitalter einen
anderen Eindruck gewinnen könnte.
Man hätte eine deutlich knappere Auswahl der Briefe treffen,
dafür aber nicht völlig abrupt und mit einer fadenscheinigen
Begründung im Jahr 1956 enden sollen, jenem Jahr, in dem
Nossack seine Firma aufgibt, über die Vermittlung von Joseph
Breitbach eine regelmäßige monatliche Unterstützung
des bibliophilen Industriellen Kurt Bösch erhält und
im Suhrkamp Verlag ein festes Unterkommen findet. Immerhin lebte
Nossack noch bis 1977. Diese eher willkürliche Begrenzung
einer ansonsten deutlich zu breit angelegten Auswahl ist der wesentliche
Kritikpunkt einer insgesamt aufwendig und vorzüglich edierten
Briefausgabe, sieht man von kleineren Entscheidungen - zum Beispiel
der ungekennzeichneten Auflösung der im Dritten Reich nicht
selten zu Tarnzwecken benutzten Namensabkürzungen - einmal
ab.
Die Briefe Nossacks erzählen die Geschichte eines Schriftstellers
zwischen Untergang und Neuanfang, zwischen Drittem Reich und beginnendem
Wirtschaftswunder, aber sie berichten wie auch viele seiner Erzählungen
und Romane - ungewollt und unbewußt - noch von Wichtigerem.
Im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts verlor das dialogische,
das kommunikative Prinzip, das in früheren Epochen das literarische
Schaffen bestimmt hatte, zunehmend an Bedeutung - Walter Benjamin
führt das in seinem berühmten Erzähler-Aufsatz
anhand des Werks von Nikolai Lesskow vor Augen. Ein zentrales
Charakteristikum der Moderne wurde die Selbstreflexivität
ihrer Formen. Sie werden, so könnte man auch sagen, monologisch.
Das Epos wird zum Roman, die Ballade zum Programmgedicht, die
Erzählung zur Kurzgeschichte. Nossacks nur fingierte Dialoge
in ihren literarischen wie halbliterarischen Ausdrucksformen weisen
daher über individuelles Scheitern hinaus, sind symptomatisch
für den Untergang des dialogischen Prinzips in der Moderne.
Das macht seine Person wie auch sein Werk und seine Briefe bedeutender,
als sie sonst wären.
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