Am Erker 69

 

 
Texte
Am Erker 69, Münster, Juni 2015
 

Stephan Groetzner
Ein Arzt

[Ich] erwarb in Wien den Doktorhut.
Als [ich] 40 war, geriet ich aus freien Stücken nach München.
Dort behandelte [ich] die Herzkrankheit zum offenbaren Vorteil des Patienten.
In Schweden erfuhr [ich] von meinen Erfolgen und machte Experimente am lebenden Objekt.
Zum ersten Mal gelangte [ich] in den Besitz reiner Verdauungsflüssigkeit.
Durch Beimischung gewisser Substanzen erhielt [ich] ein erstklassiges Erfrischungsgetränk, welches den amerikanischen Limonaden in nichts nachstand.
Bald war der Weltmarkt erobert, und [ich] zog mich aufs Altenteil zurück.
Dann kam der Herbst, der Ofen erlosch, [ich] fror.
Die ländlichen Gepflogenheiten behagten mir nicht länger, und [ich] beschloss, in die Stadt zurückzukehren.
Meine Berühmtheit zwang mich in Verkleidungen, und so ging [ich] zunächst als Klavierbauer.
Fünf Gäule zogen mein Piano, und fragte man, so sagte [ich], das sei ein Pflug für Zebrastreifen.
Eine Melodie ging mir nicht mehr aus dem Kopf, schließlich musste [ich] singen.
Man verwies mich in das dreizehnte Stockwerk eines amerikanischen Hotels, dort angelangt verschwand [ ].