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Jacques Paradis

 
Rezensionen

Jacques Paradis: Warum Sie Ihre Eltern nicht erschießen sollten
 

Keine Harmonie
Lukas Lyngsberg

Meine Mutter hatte es geahnt. "Wenn du in die Disko gehst", warnte sie mich, "schütten die Dealer Hasch in deine Cola, und du bist süchtig." Das wollte ich im zarten Alter von 14 Jahren vermeiden, daher verzichtete ich mit den anderen Messdienern - Latte, Rolf und Tuppes - auf Disko und Cola. Wir lehnten an der hinteren Mauer von St. Severin und pfiffen uns mit tellergroßen Augen ein Piece bester afghanischer Herkunft in die untrainierten Lungen. Wir kicherten noch albern, als uns die Polizisten im Streifenwagen nach Hause fuhren. Was folgte, hätte Jacques Paradis abgehalten, sein anbiederndes Buch mit 17 humorlosen Gründen Warum Sie Ihre Eltern nicht erschießen sollten zu verfassen. Rolfs stinkreiche Eltern nahmen ihren Sohn in Empfang, sprachen vier Tage kein Wort mit ihm und schickten ihn in der folgenden Woche auf ein katholisches Internat. Tuppes' Vater war zu betrunken, um die Situation zu erfassen. Gewohnheitsmäßig drosch er sofort auf Tuppes ein, ohne vorher die Doppelkornflasche aus der Hand zu legen. Lattes Vater wurde mit zwölf Nummernschildern unter dem Arm vor seinem Haus überrascht und tauschte mit seinem Sohn den Platz hinten im Polizeiwagen. Meine Eltern schleiften mich zu diversen Vorträgen, Gesprächskreisen, zwangen mich in den Handballverein, meine Mutter brachte mich zur Schule und holte mich wieder ab. Ich war 14!!! Latte und Tuppes kifften wie blöde, um die Dresche zu Hause zu verkraften, ich kam im Handball-Club eher an Bier als an einen Ball, und Rolf lernte, sich vor der Rute seines neuen Lateinlehrers, Pater Ludwig, zu beugen. Noch heute - lieber Jacques Paradis -, nach fast 22 Jahren, würden wir schießen. Wir alle. Nur Rolf nicht, der ist zu clever. Und ich bin zu feige. Latte sitzt im Knast, der kann nicht. Und Tuppes ist zu dumm. Aber theoretisch...

 

Jacques Paradis: Warum Sie Ihre Eltern nicht erschießen sollten. 17 gute Gründe. 216 Seiten. Reclam. Leipzig 2002. € 18,90.