Rezensionen

Péter Nádas: Schöne Geschichte der Fotografie
 

Wurmfortsatz
Martina von Backenberg

Fröhlich zerfetzten meine beiden Hunde den Schutzumschlag von Péter Nádas' Novelle Schöne Geschichte der Fotografie. Ich stand wie erstarrt. Das Buch war aus meinen Händen gefallen, als ich den Namen des Autors las. Über meinen Rücken kroch der kalte Hauch des Nádas-Fluchs. Vor sieben Jahren hatten mich die Nádas an den Rand des Todes und später in den Wald getrieben. Es begann während eines Ungarn-Urlaub in der Pension Nádas am Ufer des Plattensees. Der Wirt Artos Nádas servierte mir ein zähes Schnitzel vom Dorfmetzger, seinem Bruder Gabor Nádas. Neben viel halbgarem Schwein enthielt das Fleisch auch Trichinella spiralis. Diese Würmer aalten sich am Ende eines langen Wegs, via Ratte und Schwein, in meinen Darm. Dort gebar jedes der drei Millimeter langen Ungeheuer tausende Larven, die mit dem Blut durch meinen Körper wanderten. "Dumm gelaufen", sagt der Ungar, wenn er des Deutschen mächtig ist. Mit den ersten Symptomen der Trichinose wandte ich mich an den örtlichen Quacksalber Doktor Nádas. Dieser Vetter meines Gastwirtes verstand von Medizin zu wenig, um Fußpilz vom Armbruch zu unterscheiden. Mit ein paar Aspirin wollte er mich aufpäppeln... - Herzmuskelentzündung und Nierenkoliken habe ich heute verdrängt, aber die nässenden, geschwollenen Ödeme in meinem Gesicht vergesse ich nie. Monate dauerte die Heilung. Monate, in denen "Wasserleiche" mein freundlichster Spitzname war. Damals flüchtete ich in die einsame Waldhütte, die seither, auch mit glatter Gesichtshaut, mein Zuhause ist.
Warum ich das erzähle? Nun, es ist interessanter als Peter Nádas' unterkühlte Novelle. Außer dem Schreck beim Auspacken und der Erleichterung beim Weglegen ist mir nicht viel in Erinnerung geblieben. Ich weiß noch, dass die wirre Wahrnehmung der epileptischen, in Liebeskummer versinkenden Kornelia eingefangen werden soll. Staubtrockene Realität und nebelfeuchte Fantasien vermischen sich, ihre linke Hirnhälfte weiß nicht, was die rechte denkt. Flackert ein wenig Licht im Dunkel auf, wird es mit übertriebener Sprachartistik wieder ausgelöscht. Insgesamt kein Grund, mit den Nadas dieser Welt gut Freund zu werden.

 

Péter Nádas: Schöne Geschichte der Fotografie. Filmnovelle. Aus dem Ungarischen von Akos Doma. 132 Seiten. Berlin Verlag. Berlin 2001. € 14,90.