| Schon der Untertitel verheißt nichts Gutes. 
                Wie eine Produktwarnung hat der Eichborn Verlag die Worte "Kölsch 
                & Komedy & Krimi" auf den Umschlag des zweiten Lou-Hoeller-Romans 
                gedruckt, und wenn ich vom ersten Abenteuer dieses unglückseligen 
                Privatdetektivs nicht so begeistert gewesen wäre, hätte 
                ich die Finger von dem Buch gelassen. Damit wäre mir es nämlich 
                erspart geblieben, gegen meine Prinzipien zu verstoßen und 
                das Ende eines Kriminalromans zu verraten. Doch hier muß 
                es sein. Also: Lou hat alles nur geträumt. Seinen Auftrag 
                ebenso wie den daraus resultierenden irrwitzigen Amsterdam-Trip. 
                Welch originelle Idee! Dummerweise nimmt mit der Absurdität 
                der erträumten Handlung auch die Langeweile des Lesers zu. 
                Schade, daß der vielversprechende Autor Peter 
                Kaczmarek sein Talent auf solche Weise verschwendet.Dabei geht es auch anders. Wie man dem realistischen Kriminalroman 
                eine lange Nase drehen kann, ohne gleich zu plumpen Tricks greifen 
                zu müssen, demonstriert auf elegante Weise Manfred 
                Wieninger in seinem zweiten Buch Falsches Spiel mit 
                Marek Miert. Der Privatermittler aus der niederösterreichischen 
                Provinz hat es gleich mit mehreren Fällen zu tun, die auf 
                seltsame Weise zusammenzuhängen scheinen. Wie es sich gehört, 
                verwirrt das den Leser mehr als den Detektiv. Aber wer gut aufpaßt, 
                wird am Ende sogar mit einer Art Auflösung belohnt. So glaubt 
                man zumindest. Doch sicher ist das nicht.
 So ein richtiger Aufklärer ist auch Jakob 
                Arjounis türkischstämmiger Schnüffler Kemal 
                Kayankaya nicht. Zu Beginn seines vierten Abenteuers steckt er 
                zusammen mit seinem Kumpel Sibulsky im Schrank eines brasilianischen 
                Restaurants, das von brutalen Schutzgelderpressern bedroht wird. 
                Ein Freundschaftsdienst, der ihm nicht gut bekommt. Denn schon 
                bald steckt er zwischen den Fronten in einem Bandenkrieg um das 
                Frankfurter Bahnhofsviertel. Arjouni hat mittlerweile eine schnoddrig-ironische 
                Erzählweise kultiviert, wie sie in der deutschsprachigen 
                Kriminalliteratur ihresgleichen sucht. Was im ersten Kayankaya-Roman 
                Happy Birthday, Türke noch wie ein unfreiwillig komisches 
                Nachäffen amerikanischer Vorbilder klang, ist einem souveränen 
                Umgang mit den Stilmitteln des harten Detektivromans gewichen. 
                Allerdings hat dieses Mal hat wohl weniger Raymond Chandler als 
                Mickey Spillane Pate gestanden, so blutig geht es hier zu.
 Von den Ausmaßen, die das Verbrechen in der Provinz annehmen 
                kann, erzählt seit mehr als zehn Jahren der Autor Jacques 
                Berndorf. Seine Eifel-Krimis um den Journalisten Siggi 
                Baumeister gehören zu den erfolgreichsten Büchern des 
                Dortmunder Grafit Verlages, der mittlerweile für die deutschsprachige 
                Kriminalliteratur eine Rolle spielt wie vor Jahren Rowohlts schwarze 
                Thrillerreihe. Berndorf pflegt die Tradition des gesellschaftskritischen 
                Krimis mit aufklärerischem Anspruch, ohne dabei in plumpe 
                Schwarz-Weiß-Malerei zu verfallen. Andererseits ist Siggi 
                Baumeister schon ein Gutmensch von besonderer Klasse, den man 
                manchmal nur aus alter Anhänglichkeit wieder ins Haus läßt. 
                Und sein letzter Fall, Eifel-Müll, ist zwar solide 
                konstruiert, aber auch nicht so atemberaubend, daß einem 
                das Warten auf den nächsten besonders schwer gemacht würde. 
                Übrigens erscheinen bei Grafit seit dem vergangenen Jahr 
                auch internationale Kriminalromane. Hier sei besonders auf den 
                holländischen Autor Felix Thijssen 
                und seinen beeindruckenden Privatdetektiv Max Winter hingewiesen.
 Im Unterschied zu den meisten der hier vorgestellten Romane geht 
                es in Guillermo Arriagas sarkastischer 
                Mordgeschichte Der süße Duft des Todes nicht 
                um die Aufklärung eines Verbrechens, sondern um seine Folgen. 
                In einem abgelegenen mexikanischen Dorf wird die Leiche eines 
                jungen Mädchens entdeckt. Niemand hat ein Interesse daran, 
                tatsächlich nachzuforschen, wer sein Mörder sein könnte. 
                Stattdessen ergehen sich die Dorfbewohner in haltlosen Spekulationen, 
                so daß sich in Windeseile haarsträubende Gerüchte 
                verbreiten, an deren Wahrheitsgehalt niemand zweifelt. Selbst 
                der Kneipenwirt Ramón, dem eine Liebesbeziehung zu der 
                Toten angedichtet wird, akzeptiert irgendwann die Lüge und 
                bereitet sich darauf vor, den angeblichen Mörder der vermeintlichen 
                Geliebten zu töten. So zieht sich das Netz der Lügen 
                immer weiter zu, und am Ende des Romans kommt es zu der unausweichlichen 
                Katastrophe. Dem mexikanischen Regisseur und Autor Arriagas ist 
                eine, in ihrer Lakonie grandiose, Erzählung über die 
                Macht der Lüge gelungen. Gleichzeitig liefert er ein eindrucksvolles 
                Porträt einer archaischen Dorfgesellschaft fernab von dem, 
                was wir für unsere westliche Zivilisation halten. Eine wunderbare 
                literarische Entdeckung.
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            | Peter Kaczmarek: Zweimal 
                Hölle und zurück. Kölsch & Komedy & Krimi. 
                278 Seiten. Eichborn. Frankfurt am Main 2001. 19,80 DM.  Manfred Wieninger: Falsches 
                Spiel für Marek Miert. Roman. 124 Seiten. Rororo. 
                Reinbek 2001. 12,90 DM.  Jakob Arjouni: Kismet. 
                Ein Kayankaya-Roman. 265 Seiten. Diogenes. Zürich 2001. 36,90 
                DM.  Jacques Berndorf: Eifel-Müll. 
                Kriminalroman. 285 Seiten. Grafit. Dortmund 2000. 17,80 DM.  Felix Thijssen: Cleopatra. 
                Roman. Aus dem Niederländischen von Stefanie Schäfer. 
                Grafit. Dortmund 2000. 17,80 DM.  Guillermo Arriaga: Der 
                süße Duft des Todes. Roman. Aus dem mexikanischen 
                Spanisch von Susanne Mende. 208 Seiten. Unionsverlag. Zürich 
                2001. 28,00 DM. |