Am Erker 89

 
Lyrik, Prosa, Essays
Am Erker 89, Münster, November 2025
 

Silke Scheuermann
Der Traum des Program­mierers

Er hätte sein zerbrechliches Leben lieber
in Roboterhände gelegt,
Maschinen voller Milde und Güte, die umgehen können
mit all seinen über Jahrzehnte hinweg gesammelten
Daten, die Erinnerung in Basismaterial umzuwandeln
in Stande sind, anstatt sie Altlasten zu nennen und
eifersüchtig zu werden. Die ohne Eigeninteressen,
Egoismus und Launen, ob als ironische Hinweise
getarnt oder nicht, existierten, die nur da seien,
um ihn auf neueres, besseres Sein einzustellen,
so dass er sich, einmal, endlich, hätte fallen lassen
können – in vielleicht weniger weiche, doch
immer verlässliche, berechenbare
künstliche Hände. Er hätte auch
an jenem einen, irritierenden Abend
besser nur mit Robotern getanzt, erzählte er oft,
denn da war diese eine, allzu echte Frau, und sie
tanzte zu gut für ihn, zu wild, sie lachte zu fröhlich,
lebte zu sehr, und sie wollte ständig geküsst werden,
immerzu, so jedenfalls sähe er das, anstrengend
wäre das, welcher Mann hielte das denn aus.